Neckarspinnerei Quartier

Den Faden nicht abreissen lassen

IBA’27 / Idee, Konzept, Design: L2M3/Pentagram / Illustration: Max Guther

Schon beim Bau der Gebäude ab dem Jahr 1861 wurde eine Verbindung von Arbeiten und Wohnen berücksichtigt. Diese Form der „produktiven Stadt“ soll jetzt mit der Umgestaltung unter der Vision des „nachhaltigen Lebens und Wirtschaftens“ neu interpretiert werden.

Der wertvolle Gebäudebestand hat eine hohe bauliche Dichte bei gleichzeitig fast dörflich anmutenden Strukturen. Diese Grundlage bietet vielfältige Möglichkeiten einer neuen und offenen Nutzungsmischung. Durch die Erweiterung bestehender Gebäude, durch moderne Umbauten und Neubauten auf den Freiflächen im nördlichen Bereich soll das Gelände weiter verdichtet und aufgewertet werden. Das Neckarufer entlang des gesamten Geländes bietet zudem eine hohe Aufenthaltsqualität.

NQ als Projekt der IBA

Die Internationale Bauausstellung 2027 StadtRegion Stuttgart GmbH (IBA’27: https://www.iba27.de) sucht 100 Jahre nach dem Aufbruch der Architektur­moderne am Stuttgarter Weissenhof nach der Zukunft des Bauens und Zusammenlebens in einem der wirtschaftlich stärksten Zentren Europas.

Das ca. 4,7 ha große Vorhaben »Neckar­spinnerei Quartier« in Wendlingen-Unterboihingen wurde von der Besitzerin und Bauherrin HOS Projektentwicklung GmbH für die IBA’27 eingereicht. Im Sommer 2020 ist das Vorhaben als offi­zielles IBA’27-Projekt ausgewählt worden.

Räumlich hochverdichtet lässt sich auf dem Spinnerei-Areal die Entwicklung der Industriearchitektur vom 19. Jahrhundert bis in die zweite Hälfte des

20. Jahrhunderts ablesen. Der Standort in Unterboihingen gehört zu den seltenen noch weitgehend im bauzeitlichen Zustand erhaltenen Textil­fabriken im deutschen Südwesten aus der zweiten Hälfte des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Historische Arbeitsprozesse, technische Pionierleistungen und soziale Bedingungen der Arbeitswelt lassen sich hier noch sehr gut nachvollziehen. Um eine Fabrik wie ­diese zu bauen, arbeiteten (Textil-)Maschinen­bauer, Energietechniker, Ingenieure und Architekten Hand in Hand, häufig ergaben sich dabei auch internationale Kooperationen.

Expedition ins Unbekannte

Ein schöner Frühlingstag im Jahr 2050: Stellen Sie sich vor, Sie spazieren durch das »Neckarspinnerei Quartier«; ein ehemaliges Quartier und Projekt der IBA aus dem Jahr 2027. Sie begegnen Menschen, die seit dem Ausstellungsjahr der IBA 2027 in diesem Quartier leben und arbeiten.

Die mobile, postfossile Gesellschaft Wendlingens hat hier Nähe und Gemeinschaft ­gefunden – städtebauliche Struktur, Architektur und die Haltung der Bewohner:innen verkörpern die ­Vision des »nachhaltigen Lebens und Wirtschaftens«. Sie spinnen den baukulturellen Faden des historischen Industrieareals hin zur produktiven Stadt weiter.

Auf dem Gelände entsteht ein aktiver, urbaner Raum, in dem Produktion, Experimentierräume, Innovation, Ökologie, Kultur und das Zusammenleben von Nutzungen und Menschen geatmet und gelebt wird. Innovativ erfolgreiches Wirtschaften und ein gesundes Leben stehen im Mittelpunkt der Gesamtkonzeption. Der angestrebte Nutzungsmix ist gemäß aktuellen Bedürfnissen wandel- und anpassbar. Seit der Inbetriebnahme der Produktion im Jahr 1861 setzt die Neckarspinnerei auf Wasserkraft: Der Neckar lieferte die Energie zum Betrieb der Spinnereimaschinen in der Vergangenheit; heute ist das Quartier Neckarspinnerei ein CO2-neutrales Quartier mit geschlossenen Material- und Energiekreisläufen. Die historische Wasserturbine wurde integriert und in dem Quartier ist die Entwicklung nachhaltiger Energiegewinnung von ihren Anfängen bis heute ablesbar.

Das Quartier profitiert von einer hervor­ragenden regionalen und internationalen Anbindung: Vom nahegelegenen Wendlinger Bahnhof mit S-Bahn-Anschluss ist die Stuttgarter Innenstadt in knapp 30 Minuten erreichbar; der Stuttgarter Flughafen ist über die A8 weniger als 15 Minuten entfernt. Offenen Schnittstellen wird mit einem modernen Mobilitätskonzept begegnet.